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Medienmitteilung Di 11.09.06

Neuerwerbung und Neuhängung der Sammlung im Kunstmuseum

Neuerwerbung / Neuhängung

Das Kunstmuseum Bern kann eine bedeutende Neuerwerbung präsentieren: Dank einem grosszügigen Beitrag der Burgergemeinde Bern konnte im April 2006 ein Hauptwerk von Albrecht Kauw, des führenden Vertreters der Berner Stillebenmalerei im 17. Jahrhundert, ersteigert werden. Die Sammlungspräsentation wurde vom Kurator Samuel Vitali neu konzipiert.

Der aus Strassburg gebürtige Albrecht Kauw (1616–1681) war um 1640 nach Bern gekommen, wo er sich auf die Stilleben- und Landschaftsmalerei spezialisierte. In seinen Stilleben knüpfte er an die nordeuropäische Tradition und an die Arbeiten des Berners Joseph Plepp an, bevor er seine persönliche Bildform entwickelte. Kauw breitet in seinen Gemälden die ganze Vielfalt der ländlichen Lebensmittelproduktion vor dem Betrachter aus, womit er offenbar ganz den Geschmack seiner patrizischen Kunden traf, die als Grundbesitzer einen zunehmend adligen Lebensstil führten. Das nun neu erworbene und erst vor kurzem in einer Privatsammlung entdeckte Stilleben mit Fischen und sitzendem Mädchen (1660/65) gehörte vermutlich zu einem einst vierteiligen Zyklus, der die vier Elemente versinnbildlichte, und repräsentierte darin das Element Wasser.
Die Neuerwerbung des Gemäldes Stilleben mit Fischen und sitzendem Mädchen (1660/65) stellt eine  wertvolle Bereicherung der Sammlung dar. Das grossformatige Gemälde ist in der neuen Sammlungspräsentation dem Pendantpaar Stilleben mit Salm (1677) und Stilleben mit Hahn und Henne (1678) gegenübergestellt. 

Neuhängung der Sammlung
Mit der Wiedereröffnung der Sammlungsräume im Untergeschoss des Stettlerbaus, wo bis zum 9. Juli die Begleitausstellung zur Buchpublikation Berns mächtige Zeit zu sehen war, sowie der Rückkehr der Sammlung Rupf ins Obergeschoss des Atelier-5-Baus hat die im Frühjahr begonnene Neueinrichtung der Sammlung ihren Abschluss gefunden. Damit sind die historischen Bestände des Museums wieder in repräsentativer Breite ausgestellt.  

Der chronologisch angelegte Parcours beginnt im Untergeschoss des Stettlerbaus mit den Alten Meistern – von der Gotik bis zum Ende des 18. Jahrhunderts – und führt übers Erdgeschoss mit der Kunst des 19. Jahrhunderts ins Obergeschoss zu Postimpressionismus, Symbolismus und Expressionismus. In den angrenzenden Räumen im Obergeschoss des Neubaus setzt sich die Präsentation der Kunst der Moderne vom Kubismus bis zur Nachkriegszeit fort.

Neben den bewährten Klassikern der Sammlung – die italienische Malerei des Tre- und Quattrocento, zentrale Werkgruppen von Niklaus Manuel, Albert Anker, Ferdinand Hodler, Ernst Ludwig Kirchner, Adolf Wölfli, Kubismus, Blauem Reiter, Bauhaus und Surrealismus, um nur einige der Höhepunkte zu nennen – gibt es auch seltener gezeigte Werke und vergessene Schätze aus dem Depot zu entdecken: so in den Altmeisterräumen den Schaukasten für die Transparentbilder des Franz Niklaus König oder eine Auswahl von Porträtminiaturen des 16. bis 18. Jahrhunderts aus dem Stürler-Legat. Andere Werke, wie Hodlers monumentale symbolistische Komposition Der Tag oder das Porträt Carl Gottlieb Hommeyer von Anton Graff, erscheinen nach aufwendigen Restaurierungen wieder in neuem Glanz.

Anders als bisher wurde auf monographische Räume – Stichwort Hodlersaal – verzichtet, zugunsten von Konfrontationen zwischen verwandten oder zeitgleichen Positionen: so zwischen Anker und seinen Zeitgenossen Vautier, Stauffer-Bern und dem jungen Hodler, zwischen dem symbolistischen Hodler und Vallotton, Amiet, Giovanni Giacometti, zwischen den Avantgarden in München und Paris um 1910. Um dem Publikum ein besseres Verständnis der Werke, aber auch der kunsthistorischen Zusammenhänge und der Kriterien der Auswahl zu ermöglichen, sind in naher Zukunft Saaltexte auch für die Sammlungsräume geplant.

Nach wie vor zu wenig Raum steht für die Präsentation der zeitgenössischen Kunst zur Verfügung. Bis zur Eröffnung des aareseitigen Neubaus wird die umfangreiche Sammlung der Abteilung Gegenwart ausser in thematischen Ausstellungen wie Six Feet Under nur ausschnittweise in einzelnen Räumen (so mit den Installationen von Markus Raetz und Serge Spitzer) zu sehen sein. Indem der chronologische Parcours punktuell durch den Einschub von zeitgenössischen Arbeiten, von Pipilotti Rist bis James Lee Byars, durchbrochen wird, sollen aber die Bezüge zwischen älterer Kunst und Gegenwartskunst veranschaulicht werden.

Die Sammlungspräsentation wird neu ergänzt durch einen Raum im Untergeschoss, wo von nun an im Halbjahresrhythmus wechselnde Werkgruppen aus der Gemälde- und Skulpturensammlung gezeigt werden, welche sonst aus Platzmangel nicht zu sehen sind: Neben thematischen wie monographischen Auszügen aus den Beständen älterer Kunst wie der Gegenwartskunst sollen hier auch periodisch Neuerwerbungen vorgestellt werden. Den Anfang macht zurzeit eine Präsentation von Gemälden, Plastiken und Moiré-Objekten des wichtigen Berner Eisenplastikers Werner Witschi, der in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag hätte feiern können.