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Medienmitteilung

Kunstmuseum Bern @ PROGR - Kotscha Reist: Echoes. Malerei, 11.05.2012 – 30.06.2012

Echos von Erinnerungen

Anlässlich der Erscheinung von Kotscha Reists Monographie Echoes (Revolver Publishing Berlin 2012) präsentiert das Kunstmuseum Bern im Fenster zur Gegenwart im PROGR einen kleinen Querschnitt durch das aktuelle Schaffen des Berner Künstlers. Gezeigt werden Werke aus der Sammlung des Kunstmuseums Bern ergänzt mit weiteren Arbeiten von Kotscha Reist. Die sieben Ölbilder, die zwischen 2008 und 2011 entstanden sind, sind malerisch-poetische Bildfindungen, die von einer dichten Auseinandersetzung mit dem kulturellen Bildgedächtnis zeugen sowie vom Vermögen des Gemäldes, Geschichten zu erzählen.

Das Echo ist ein Leitbegriff, der die Malerei von Kotscha Reist treffend charakterisiert. Schon seit Anbeginn seines künstlerischen Schaffens anfangs der neunziger Jahre pflegt der Künstler eine Malerei, die als Echo auf persönliche Erinnerungen sowie auf die Kunst- und Zeitgeschichte entsteht.

Widerhall des Lebens in Gemälden
Der visuelle Widerhall zeigt sich einerseits an der Wahl der Motive: Kotscha Reists Malerei liegen Fotovorlagen zugrunde, die aus Publikationen aller Art sowie aus dem privaten Fundus des Künstlers stammen. Andererseits evoziert die vielschichtige Malweise mit verbleichenden Farben und gebrochenen Tönen die Wirkungsweise eines Echos: Etwas dringt ans Ohr bzw. ans Auge, ist nicht in allen Details erkennbar und bildet ein lückenhaftes Gewebe von Stimmen, die sich gegenseitig durchdringen. In der Musik steht das Echo als akustisches Phänomen für den Umgang mit der Wiederholung und dem Abändern von bekannten Melodiefragmenten. Metaphorisch kann das Echo jedoch auch als Sinnbild für das Wiederauftauchen vergessener oder sogar verdrängter Erinnerungen dienen. 

Erinnerungsmalerei
Die langjährige Beschäftigung mit unterschiedlichen Formen visuellen Erinnerns verorten Kotscha Reists Werke einerseits im vitalen Feld der „Erinnerungsmalerei“, einer Tendenz der Nachkriegsmalerei, die sich beispielsweise im Schaffen von Luc Tuymans (geb. 1958), Peter Doig (geb. 1959) und Wilhelm Sasnal (geb. 1972) beobachten lässt. Andererseits steht Reists Werk auch in der Tradition der Fotobilder – Gemälden also, die nach fotografischen Vorlagen entstehen – von Gerhard Richter und Andy Warhol. Diese gegenständlichen Maler zeigen alle ein grosses Interesse an der Verarbeitung bestehenden Bildmaterials und verwenden Vorlagen aus dem kulturellen Bildergedächtnis. Darin kommt zum einen die Bewältigung des Einflusses neuer Medien wie Fotografie und Film auf die Malerei zum Ausdruck. Zum anderen geht es um die konzentrierte inhaltliche Verarbeitung von Ikonen des Alltags und der Zeitgeschichte. Mit ihren ästhetischen Strategien ermöglichen die „Erinnerungsmaler“ eine subjektive und psychologische Deutung des Geschehens und fügen der etablierten Sicht auf historische Ereignisse neue Aspekte hinzu.

Erzählerisches Vermögen
Erinnerungsmalerei entsteht aber nicht nur als Kommentar auf tragische Ereignisse des Weltgeschehens, sondern auch als Umgang mit eigenen Erlebnissen. So malte Kotscha Reist das dichte nackte Geäst im Gemälde Unter den Linden (2012) während seines Atelieraufenthalts in Berlin. Und das grossformatige, rosatonige Blow Up (2011) zeigt das textile Muster eines Sommerkleides. Der vergrösserte Ausschnitt der üppigen Blume weckt sofort Assoziationen an den prallen Sommer und ist dadurch allgemein verständlich. Es sind lose visuelle Erinnerungsfetzen, die gleichzeitig persönlich und universal sind. Anders verhält es sich mit dem kleinformatigen In Memory (2011), das ein sympathisches Frauengesicht mit langen dunklen Haaren zeigt. Hier diente das Erinnerungsbild einer gefallenen amerikanischen Soldatin im Afghanistan-Krieg als Vorlage. Fragmente einer möglichen Lebensgeschichte scheinen auf, und so beweist die Malerei selbst in Kürzestform ihr erzählerisches Vermögen.

Kontakt:
Brigit Bucher, brigit.bucher@kunstmuseumbern.ch , T +41 31 328 09 21
Bilder:
Marie Louise Suter, press@kunstmuseumbern.ch , T +41 31 328 09 53