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Medienmitteilung Mi 27.11.13

Germaine Richier. Retrospektive, 29.11.2013 - 06.04.2014

Dem Menschen zugetan

Die französische Bildhauerin Germaine Richier (1902-1959) ist eine Ausnahme-künstlerin des 20. Jahrhunderts. Berühmt wurde sie vor allem mit ihren Insektenfrauen – hybriden Figuren von Ameisen, Heuschrecken und Spinnen mit menschlichen Gesichtern, Gliedmassen und Brüsten. Die Ausstellung im Kunstmuseum Bern ermöglicht die Wiederentdeckung des eigenständigen Werks von Richier, das nichts von seiner Aktualität eingebüsst hat.

Richier geht nach ihrer Ausbildung bei Antoine Bourdelle in Paris, wo sie sich intensiv mit figürlicher Plastik beschäftigt, künstlerisch einen so eigenständigen Weg, dass ihr Werk noch heute nicht einfach einzuordnen ist.

Der Mensch als Teil der Schöpfung
Richiers gesamtes Schaffen ist auf den Menschen ausgerichtet. «Allein das Menschliche zählt», hat Germaine Richier einmal über ihre Arbeiten gesagt. Ihre schrundig aufgerissenen Figuren, die oft mit Drahtverspannungen versehen sind und die jeglicher Sicherheit beraubt scheinen, führten dazu, dass Richiers Werk oft in Zusammenhang mit dem Existenzialismus gestellt wurde. Ihr Menschenbild weist aber über dieses Zeitalter auch hinaus. Der Mensch ist in ihrem Werk Teil der Schöpfung und beherrscht sie nicht. Richier setzt den Menschen dem Tier gleich in ihren Mischwesen. Auch wenn Richier einen grossen Teil ihres Lebens in Paris verbringt, beschäftigt sie sich in ihrem Werk nicht mit der Grossstadt. Ihre tiefe Beziehung zur Natur ist geprägt von ihrer Heimat in der Provence. Sie sammelt immer wieder Steine und Holz, die sie in ihren Werken verwendet. Richier kann heute als eine der ersten ökologisch denkenden und fühlenden Künstlerinnen betrachtet werden. Insofern weist ihr Werk über die eigene Zeit hinaus und besticht auch heute noch durch seine Aktualität.

Enge Verbindung zur Schweiz
Germaine Richier war der Schweiz eng verbunden. Ihren ersten Ehemann, den Zürcher Bildhauer und Plastiker Otto Charles Bänninger, lernte sie im Atelier Bourdelle kennen, wo die beiden studierten. Als 1939 der Zweite Weltkrieg ausbricht, bleibt Richier mit Bänninger in Zürich und trifft dort Alberto Giacometti, Marino Marini, Hans Arp, Le Corbusier und Fritz Wotruba wieder, mit denen gemeinsame Ausstellungen und ein intensiver Austausch entstehen. Auch zu Cuno Amiet, der sie porträtierte und nach ihrer Rückkehr 1946 nach Paris auch mehrmals besuchte, pflegte sie eine enge Beziehung. Richier bleibt der Schweiz verbunden und unterrichtet auch viele Schweier Schüler.

Zusammenarbeit mit der Kunsthalle Mannheim
Gezeigt wird mit rund 60 Plastiken ein nach Themen geordneten Überblick über Richiers gesamtes Schaffen. Die Ausstellung basiert je auf wichtigen Werken in der Sammlung des Kunstmuseums Bern und der Kunsthalle Mannheim, wo die Ausstellung ab Mai 2014 zu sehen sein wird. Bern besitzt von Richier die Bronzen Escrimeuse avec masque (1943) und als Hauptwerk La Sauterelle aus den Jahren 1955/56, Mannheim die grosse Bronze La Mante (1946). Ergänzt wird die Präsentation mit Werken aus den beiden Sammlungen des Kunstmuseums Bern und der Kunsthalle Mannheim, um den Horizont der Fragen an Richiers  grosses Œuvre zu erweitern.

Kontakt: Brigit Bucher, , T +41 31 328 09 21
Bilder: Marie Louise Suter, , T +41 31 328 09 53