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Medienmitteilung Mi 26.08.15

Toulouse-Lautrec und die Photographie, 28.08. – 13.12.2015

Toulouse-Lautrec und die Photographie

Die Ausstellung konfrontiert zum ersten Mal das Schaffen des weltberühmten französischen Künstlers Henri de Toulouse-Lautrec (1864-1901) mit Photographien des Fin de siècle. Bilder und Zeichnungen, Lithographien und Plakate des Künstlers sind mit historischen Aufnahmen in Beziehung gesetzt, auf denen das gleiche oder ein ähnliches Motiv festgehalten ist und die dem Künstler oft als Vorlagen dienten. Zwar stammt keine dieser Aufnahmen von ihm selbst – Toulouse-Lautrec besass nie eine Kamera und hat nie selber  photographiert. Wenn er eine Photographie für eine künstlerische Umsetzung brauchte, gab er sie vielmehr bei Freunden in Auftrag. Auch er selbst liess sich von diesen Freunden ungewöhnlich häufig ablichten, oft in den merkwürdigsten Posen und Verkleidungen.

Lautrecs Photographenfreunde
Von den drei Freunden, die für Toulouse-Lautrec photographierten, war nur einer, Paul Sescau, Berufsphotograph. Der zweite, François Gauzi, wollte wie Toulouse-Lautrec Maler werden und studierte mit ihm im Atelier von Fernand Cormon. Dem dritten schliesslich, einem wohlhabenden jungen Lebemann namens Maurice Guibert, hatte der Künstler eine Zeitlang Malunterricht erteilt,  bevor sich dieser dann mit wahrer Leidenschaft der Photographie zuwandte. Alle diese drei für Lautrec so wichtigen Kumpane werden in der Ausstellung und im Katalog zum ersten Mal in Wort und Bild vorgestellt.

Lautrec als Verkleidungskünstler
Lautrec liebte es sehr, sich zu verkleiden, sei es zu seinem persönlichen Vergnügen oder weil er einen jener Maskenbälle besuchen wollte, die im verkleidungssüchtigen Paris des Fin de siècle gang und gäbe waren. Auf den Photos, die er von sich in diesen grotesken Aufmachungen machen liess, stellt er bald einen schielenden Samurai oder einen fanatischen Muezzin dar, bald einen frommen Ministranten oder eine schrill aufgetakelte Sängerin. Auf einigen Aufnahmen erscheint er in Gesellschaft anderer Künstler oder von sonstigen Freunden, mit denen er eine Art komischer Performances durchgeführt zu haben scheint.

Lautrecs photographisches Auge
Ein noch wichtigerer Aspekt des Ausstellungsprojekts ist jedoch die bislang viel zu wenig gewürdigte Tatsache, dass Toulouse-Lautrec, wie kaum ein anderer Künstler seiner Zeit, ein photographisches Auge besass. Was immer er darstellte und wie er es darstellte, ist undenkbar ohne die moderne Photographie. Dies beweisen sowohl die kühnen Bildausschnitte  mit den brutal angeschnittenen Figuren und die steil ansteigenden Perspektiven als auch der impetuose Skizzenstil, der wie die moderne Photographie auf ein möglichst spontanes Erfassen eines Augeneindrucks ausging. Und wer hätte damals die künstliche Welt des Pariser Unterhaltungsviertels Montmartre, seine verführerischen Reize und die Abgründe, die sich dahinter auftun, nüchterner und ungeschönter – also photographischer – darzustellen gewagt als Toulouse-Lautrec?

Lautrecs Bildnis der Misia Natanson 
Dass diese Ausstellung ausgerechnet in Bern stattfindet, hat einen spezifischen Grund. Das Kunstmuseum Bern besitzt ein bezauberndes Gemälde des Künstlers, auf dem Misia Natanson, die Gattin des Verlegers der Revue blanche, am Flügel wiedergegeben ist. Die schöne junge Frau war in den Pariser Künstlerkreisen eine viel bewunderte Persönlichkeit, und so verwundert es nicht, dass sie auch von anderen jungen Malern wie Edouard Vuillard, Pierre Bonnard oder Félix Vallotton porträtiert wurde. Ihr und ihrem illustren Kreis ist deshalb in der Ausstellung ein eigener Themenbereich gewidmet.

Die Ausstellung umfasst mehr als 300 Exponate, von denen erstaunlich viele aus Schweizer Sammlungen stammen. Weitere Leihgaben haben Museen und Privatsammler in Frankreich, Belgien, Holland, Deutschland, Ungarn und den USA zur Verfügung gestellt, an ihrer Spitze das Musée Toulouse-Lautrec in Albi.

Die Ausstellung wird begleitet von einem umfangreichen Katalog mit wissenschaftlichen Aufsätzen und zahlreichen Abbildungen, dessen Produktion in den Händen des Hirmer-Verlags München liegt.

Kontakt: Simon Oberholzer, , T + 41 31 328 09 03
Bilder: Marie Louise Suter, , T +41 31 328 09 53