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Medienmitteilung

Entscheid betreffend Anzeige gegen das Kunstmuseum Bern

Stellungnahme des Kunstmuseums Bern

Die Geschäftsleitung und der Stiftungsrat des Kunstmuseums Bern nehmen mit Genugtuung Kenntnis vom Entscheid des Untersuchungsrichteramtes III und der Staatsanwaltschaft III Bern-Mittelland bezüglich der Strafanzeige von Herrn de Riedmatten. Die Strafverfolgungsbehörde ist auf die Anzeige wegen Gewaltdarstellung, Störung des Totenfriedens und Verstosses gegen das Tierschutzgesetz des Kunstwerks «Ruan» in der Ausstellung Mahjong nicht eingetreten, da in allen Tatbeständen keine strafbaren Handlungen begangen worden sind. 

Verfahrensrechtlich besteht kein direkter Zusammenhang mit der vom Kunstmuseum erstatteten Anzeige wegen übler Nachrede gegen Herrn de Riedmatten.

Auszüge aus der Begründung:
Zu Gewaltdarstellung (Art. 135 StGB):
«Nicht tatbestandsmässig sind Gewaltdarstellungen mit einem schutzwürdigen kulturellen oder wissenschaftlichen Wert. Eines kulturellen Wertes entbehren Darstellungen, die sich im wesentlichen darin erschöpfen, Grausamkeiten bloss zur Unterhaltung oder Belustigung darzubieten. Dokumentarische oder künstlerische Werke hingegen führen Grausamkeiten vor Augen, um die Folgen individueller oder kollektiver Gewalt exemplarisch zu illustrieren und das kritische Bewusstsein für deren Verwerflichkeit zu wecken oder zu schärfen. Entscheidend ist die künstlerische Intention, nicht die künstlerische Qualität. Die Beurteilung muss nach den Kriterien der Fachwelt erfolgen, nicht nach der Wirkung auf Laien.»

«Das Werk wurde im Jahre 2001 an einer der renommiertesten Veranstaltungen für zeitgenössische Kunst, der Biennale in Venedig, gezeigt und ist zur Zeit im Kunstmuseum Bern ausgestellt. Unter diesen Umständen kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich um eine Darstellung handelt, welche klarerweise keinen künstlerischen Wert hat,  und nur solche sind nach der Intention des Gesetzgebers tatbestandsmässig.»

Zu Tierquälerei:
«Jegliche Handlungen, welche zum Tod der Möwe geführt haben, sind in China begangen worden und unterliegen deshalb nicht der Gerichtsbarkeit der Schweizerischen Strafjustiz.»

Zu Störung des Totenfriedens:
«Das Abtennen des Kopfes des Fötus (…) und das Annähen des Kopfes an den Hinterteil der Möwe (…) sind in China begangen worden und fallen somit nicht in die Zuständigkeit der Schweizerischen Strafjustiz. Eine Bestrafung des Sammlers oder der Verantwortlichen des Kunstmuseums wegen Gehilfenschaft oder Anstiftung zu möglicherweise tatbestandsmässigen Handlungen des Künstlers fällt deshalb ausser Betracht, weil es sich bei der Installation „Ruan“ nicht um ein Auftragswerk handelt, sondern diese erst nach Fertigstellung erworben, bzw. ausgestellt wurde.»

«Das Ausstellen von Ruan stellt keine Beschimpfung dar. Die Beschimpfung müsste sich nach der Intention des Täters gegen eine bestimmte Person richten und dieser gegenüber Missachtung ausdrücken. Durch das Ausstellen der Installation wird keine negative Wertäusserung über die Person des Fötus vorgenommen und somit auch dessen Pietätsgefühl nicht verletzt. Die Verletzung möglicher Pietätsgefühle von Besuchern der Ausstellung genügt für die Erfüllung der Tatbestände (…) nicht.»